Startseite

Betrachtungen

"Die Welt ist ein Spiegel, worin ein jeder nur die eigene Seele sieht."
(Isolde Kurz)

Seelenblicke ...

"Die Musik der Quelle wird von der Seele innen vernommen..."
(Edward Bulwer-Lytton)

Seelenblicke,sind Blicke mit den inneren Augen der Seele, die hinter dem Schleier der vergänglichen Welt das Wesentliche, das Wirkende, weil Wirkliche erkennen.
Gekleidet ist dieses innere Sein in äußere Formen, in Scheingewänder, die inneres Geschehen auf der Bühne der Welt darstellen.

"Es kommt darauf an, wie schön, rein und groß wir in unserer inneren Beschaffenheit sind, um draußen, außerhalb dieser Gottesspiegelnatur, auch das allergeringste Werktägliche in reinen himmlischen Farben zu sehen und die Ursprungsfülle davon zu genießen.
Die so Fühlenden und Sehenden erzählen keine Träume und Märchen; es sind prophetische Vormeldungen einer auf uns wartenden Welt; es ist das Wirklich-Wesentliche im Unwirklich-Unwesentlichen, die verlockendste Sprache des Ewigen.
In solchen Zuständen, die eintreten, wenn der ganze Mensch unwankelmütig fest eingerammt bis auf den Grund im wogenden und stürmenden Meer als Ankerpfeiler steht, durch nichts bewegbar, habe ich jedes Mal mit Staunen wahrgenommen, wie Verdorbenes frisch, Altes neu, Unschönes prächtig, Wertloses glänzend, ja Leidvolles freudvoll wurde; überall auf jedem Augenbild lag ein Schimmer seligen Glückes, aus allem waren die Gedanken des Schöpfers über Schönheit, Reinheit und Größe zu lesen.
"
(J.F. Finck)

Denn: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis." (Goethe)

Regentropfen

Viele kleine Tropfen liegen auf der Fensterscheibe, geboren vom abendlichen Regen, lauernd, wartend, angespannt vor der Bewegung.
Plötzlich erfasst Leben, Bewegung die kleinen Kügelchen.
An einigen punktierten, nicht vorhersehbaren Stellen beginnen die Tröpfchen sich ihren Weg zu bahnen.
Ausschlaggebend dafür ist die unmerklich wachsende Größe der Tropfen, der kritische Punkt, wo aus Ruhe Bewegung wird.
Es sieht fast wie eine bewusste Entscheidung aus, ein inneres Kommando "Jetzt! Los!"
Doch ihr Gewicht gibt den Willen.
Wie Kaulquappen schlängeln sich die Tröpfchen abwärts, treffen auf andere ruhende Artgenossen, mit denen sie sich vereinen und mit vereintem Gewicht auf unregelmäßigen Wegen nach unten streben.
Bei vielen stagniert das Fallen, endet der Weg abrupt, andere, wenige schlängeln sich bis zum unteren Ende der Scheibe.
Bewegung - Vereinigung - Trennung - Tod oder Zielerreichung.
So hat jedes Wesen den inneren Drang nach Streben seinem Ziele zu.
Ein Stück des Weges geht es mit anderen, doch letztlich muss und wird jedes seinen eigenen Weg finden und gehen, bis zum vorbestimmten Ende.
Zufällig scheinen die Ereignisse des Lebens, doch von höherem Standpunkt aus betrachtet sind sie immer zielgerichtet, haben Ziel und Zweck und Sinn.
Betrachte ich nur die einzelnen Tropfen oder die Scheibe als Ganzes?

Gedanken- und Wachstumswege

Beobachtet man bewusst seine Gedanken, so sieht man sich in einem sprunghaften Gewirr aufgelöst. Ständig springen die Gedanken von einem Objekt zu dem
anderen, unbeständig - Alltagssorgen, Außenreize: ständig hassten die Gedanken irgendeinem inneren oder äußeren Eindruck hinterher.
Das, was man ICH nennt, im Sinne einer stabilen Identifikation, gibt es in diesem Sinne nicht, denn im Grunde wird meine Ichwahrnehmung, mein Ichbild
ja von meinen Gedanken bestimmt und geprägt.

An manchen Orten, wo viele gedanklich verworrene Menschen zusammentreffen, spürt man diese Verwirrung sehr deutlich. So wenn ich z.B. an einem der vielen Spielotheken oder "Wettbüros für Spielwetten" vorübergehe.
Auch bei den Menschen, die dort ein- und ausgehen, spüre ich immer diese völlige Ausrichtung des Denkens an Belangloses, Vergängliches, so als seien diese
Menschen willenlose Spielbälle ihrer Sinneseindrücke und Leidenschaften, hin- und her gestoßen, wie die Kugel im Flipperautomaten.
Dann gehe ich an dem kleinen, mit Bäumen bestandenen Bach entlang und werde innerlich ruhiger, die Gedanken schweigen zunehmend, der Fließrichtung des Baches folgend.
Ein Baum strahlt Ruhe aus, da er keine wirren Gedanken hat. In ihm ist nur der Gedanke "Wachstum" oder "Leben", das im Grunde ein Streben zum Licht ist- sonst nichts.
Beim Spaziergang durch die Felder beobachte ich, dass der Mais nur eine Wachstumsrichtung kennt: nach oben, zum Licht. Irgendwie sehen diese Pflanzen auch alle gleich aus, dem gleichen Wachstumsmuster folgend.
Auch sie sind von einem Gedanken erfüllt und streben zur Sonne, zum Licht.

Seltsam erscheint mir die Ausrichtung der Köpfe der Sonnenblumen in eine bestimmte Richtung. Obwohl die Sonne ja gerade im Zenit steht und ihre höchste
Strahlkraft hat und davon abgesehen ständig wandert, sind alle Köpfe, wie die Zuschauer in einem Theater auf einen ganz anderen Punkt ausgerichtet:
Es ist der Punkt, an dem des Morgens die Sonne aufgeht!

So strebt alles zum Licht!

Lebensweg

Seh der Wesen weite Schar auf ihrem Weg nach oben streben.
Seh sie sterben, wieder neu zu leben.
Seh sie kommen und vergehen
In neuen Formen zu erstehen.
Seh die Fäden, die sie aneinander binden,
Seh sie in Schmerz und Leid sich winden:
Fallen, aufstehen, weiter streben
Von einem hin zum nächsten Leben.

So ist des Lebens vorgegebener Lauf
Ein Weg, der unaufhaltsam führt hinauf.

Die Natur bewundern und die Natur lieben ist zweierlei. Das eine geschieht mit den Augen zum Vergnügen und Genuss und hat ein Gegenüber Das andere ist Gottesdienst und , da objektlos, reine Verschmelzung.
Wegweiser an Wegweiser zum wahren Leben stehen leuchtend, rufend an der Gottesstraße - aber wie wenige beachten sie?
Hier streift ein Lüftchen ein Blatt vom Baume, dort mäht es als Sturmwind uralte Wälder nieder: hier kost ein linder Wind eine Kinderlocke, dort bringt er machtvoll den Ozean in tosende Bewegung; hier ist es windstill, regungslos, das Glück in sich selbst verborgen, dort stürzt eine Welt in sich zusammen.
Du siehst den Wind so wenig, wie du das Karma siehst, doch Wind wie Karma werden in ihren Wirkungen sichtbar und offenbar.
Lerne mehr in der Gesellschaft von Bäumen als unter Gesellschaftsmenschen zu verkehren. Es erhält reuelos.
(J.F. Finck)

Schönheit des Augenblicks

An mildwarmen Maitagen zieht es viele Menschen in die Stadt. Überall Bewegung. Kurzes Innehalten an der roten Ampel. Weiter. Dem Ziel zu – ein Einkauf meist.
Kann man sich auch ohne Ziel bewegen, einfach sich treiben, sich leiten lassen von den Dingen?
Muss alles Tun einen Zweck haben, auf der Habenseite verbuchbar sein?

In Richtung Park wird es ruhiger, grüner, schattiger. Eine in Sichtweite befindliche Bank, die mein Empfinden auf sich zieht, steuere ich an. Ein kühler Schatten liegt auf ihr, sie ist harmonisch in das Sein dieses Augenblicks eingebettet, so auch ich in dem Moment, als ich mich auf ihr niederlasse.
Nicht mehr spüre ich die Last der Einkaufstasche, nicht mehr den Zwang ein bestimmtes Ziel anzusteuern.
Ich werde eins mit dem leichten Wind, der durch die Bäume flüstert, dem Gezwitscher der Vögel, das jenes Flüstern bereichert und melodisiert. Eine Amsel hüpft über das Gras, fast so als habe sie nur ein Bein. Leicht verwelkt sind die Blüten an den Dolden des Kastanienbaumes, da sie der Frucht weichen müssen.
Blühen, Verwelken, Reifen, Wachsen, Abfallen. Leben und Sterben. Wandlung.

Doch jäh wird dieses Sein durchschnitten. Eine junge Frau mit ihrem Begleiter und ihrem linienhaften Reden, geradewegs einem Ziel zustrebend.
Die Linie beginnt an einem Gedankenpunkt, sich bildend an einer Bemerkung, die jemand ihr gegenüber gemacht hat, in der nahen Vergangenheit. Sie hatte eine andersartige Bemerkung erwartet – das ist der zweite Punkt der Linie. Der zweite Punkt liegt tiefer als der erste – daher das Gefühl der Beleidigung, Geringschätzung. Es ging wohl um irgendeine Veranstaltung, die ihr wichtig war, auf die sie sich vielleicht gefreut hatte. Von ihrer Freundin erhielt sie eine Absage in indirekter Form "Das ist wohl nicht dein Ding."
So kann das Wechselspiel von Gedanken und angehafteten Gefühlen zu Disharmonie führen.
Als beide vorübergegangen sind, bin ich wieder ungestört im Sein, denke nicht, fühle nicht, bin Bestandteil , nicht abgesondert – konturlos verschmolzen, frei.
Im Hintergrund das Lärmen der Kinder – Chaos. Dann der Gong, der sie in die Ordnung des Klassenraumes zurückruft, dem sie willenlos folgen müssen.

Eine Frau, die mit drei Hunden eine Einheit zu bilden scheint, sich von diesen scheinbar leiten lässt ist Teil des Seins, der Ruhe.
Als ich gehe und die Straße erreiche, sehe ich mich in einer lauten Traube von Schülern, die vor der roten Ampel stehen und in ihre Klassenräume streben.

Mich zieht es in meine Wohnung.

Was bleibt ...?

Was bleibt …?

Was bleibt, wenn dieser Tag vergeht …
Was bleibt, wenn meine Lebensuhr
Sich eines Tages nicht mehr dreht …?
Was bleibt …?

Was bleibt von meinem Karmastricke
Wenn ich dereinst all meine Leben überblicke …?
Was bleibt …?

Was bleibt noch unbeglichen, offen …?
Was bleibt an unerfülltem Hoffen …?
Was bleibt …?

Was bleibt vom Lebenswege unbeschritten …?
Was bleibt als Rest von Wünschen, Träumen …?
Was bleibt von ungelebten Räumen …?
Was bleibt …?

Was bleibt an Fragen ohne Antwort stehen …?
Was bleibt noch ungeschehen, ungesehen …?
Was bleibt …?

Im Park

Vergänglich ist alles. Nicht einem Augenblick kann ich Dauer verleihen.
Als ich mich im Stadtpark auf eine Bank setze, meine Umgebung beobachte, sehe ich auf einer Bank, in Blickrichtung gerade aus, einen Mann sitzen, fast regungslos.
Was der denkt, weiß ich nicht.
Auch weiß ich nicht, wer er ist und warum er dort sitzt.
Zur rechten sitzt ein alter Mann, der mit seinem Handy spielt. Den Grund dafür kenne ich nicht.
Zur linken sitzt ein Mann, der hingebungsvoll mit einer Plastikflasche spielt, sie anhebt und von allen Seiten betrachtet, als sei diese der Mittelpunkt der Welt.
Was er sieht und denkt, weiß ich nicht.
Ein einzelnes Blatt fällt leise und lautlos von einem Baum.
Eine junge Frau, sich ihrer Schönheit bewusst und damit spielend, fliegt durch den Park.
Eine andere Frau geht mit müden Schritten den schmalen Weg entlang, mit gesenktem Haupt.
Was sie sorgt, weiß ich nicht.
Entschlossener geht eine etwas stämmiger oder bestimmender wirkende Frau ihrem Ziel entgegen, womöglich auf dem Wege zu einer Arbeit.
Drei Frauen ziehen laut schwatzend vorbei, wohl aus der Mittagspause kommend.
Ein Radfahrer durchfährt zweimal meinen Blick auf das Geschehen – er sucht wohl etwas und hat sich verfahren. Er scheint in dieser Stadt fremd zu sein.
So ziehen tagtäglich alle Menschen und Ereignisse an mir vorbei, nichts kann ich halten.
Jeder beobachtete Eindruck wird mit Gedanken behaftet, wie dünnen Fäden, die zerreißen, sobald das Beobachtete von dem Strom der Zeit hinweggerissen wird.
So flutet ein Strom von vergänglichen, weil „gehenden“ Eindrücken täglich auf jeden ein.
Viele erliegen dem Trug dieser Täuschung, wollen den Augenblick, das Leben festhalten, festschreiben, ihm Dauer verleihen.
Man baut sich ein Koordinatensystem von Fixpunkten: Beruf, Jugend, Geld, Haus, Familie, Versicherung usw.
Doch all dies sind nur Anleihen an die Zeit. Je fester ich etwas halte, mit desto stärkeren Armen entreißt sie es mir, heute oder morgen – meist augenblicklich.
Alles folgt dem Strom dieses Flusses, der Zeit, dessen Meister der Tod ist, der mit absoluter Gewissheit alles nimmt, jedem Menschen all seine Illusionen nimmt, früher oder später.
Sicherheit im Vergänglichen gibt es nicht. Es gibt nur die Gewissheit des Vergehens all dessen, was wird und geworden ist.
So ist jeder von uns wie das Blatt, das vom Baum fällt – seine Sicherheit des Festgehaltenseins im freien Fall verliert.
Diesen Augenblick in dieser Form werde ich nie wieder erleben … Er ist lediglich eine Momentaufnahme, eine flüchtige Skizze, denn ich sehe ja nur die Oberfläche, nie das Ganze, nie die unsichtbaren Fäden, die alle Ereignisse miteinander verbinden.
Doch ist der Tod kein Endpunkt. Er ist lediglich ein Übergang von einer Form in eine andere.
Der Fluss der Zeit führt irgendwann in ein Meer der Ruhe…

Schnee

Reduziert ist alles auf das Wesentliche, verdeckt vom Schnee ist die Vielheit der Eindrücke, der Formen und Farben.
Die Szenerie hat etwas von einer Tuschezeichnung - scharf konturiert mit der Pinselspitze gemalt die Bäume und Äste, laviert die ferne Waldsilhouette.
Darauf mit feinen Strichen dünne Stängel verdorrter Pflanzen, die die Schneedecke durchstoßen.
Krähenrufe. Aus einer Hecke wagt sich ein kleiner Vogel auf das offene Weiß. Ein Raubvogel hat sich an anderer Stelle von seinem Aussichtsbaum in die Luft fallen lassen und verschwindet hinter fernen Büschen.
Für den Vogel besteht keine Gefahr. Er ist schon ein Vorbote des nahen Frühlings, des Nestbaus, Aufzucht der Jungvögel. So wiederholt sich alles in stetig anderen Formen, durchwirkt vom Werdemuster des Seins, der Natur.
Alles schreitet voran, entwickelt sich weiter zu neuen Formen.
Was für die Natur gilt, gilt umso mehr für den Menschen. Wachsen soll er, sich zu höheren Formen hin entwickeln, reifen.
Im Wartezimmer des Arztes sitzen zwei Männer, die laut redend Banalitäten austauschen. Es sind die immer gleichen Gespräche um vergängliche Nichtigkeiten, die man in der Regel voraussagen kann.
Wenngleich ich, als Zuhörer, erstaunt feststelle, wie ähnlich sich diese Gespräche doch überall sind. Es ist fast so, als gäbe es da eine Ausbildung oder Schule, die alle durchlaufen, wo sie die immer gleichen Sätze und Redewendungen auswendig lernen und diese endlos wiederholen, sinnleer.
Je älter die Menschen werden, desto mehr drehen sich die Gespräche um Vergangenes, Totes, lebensleere Erinnerungsbilder.
Es scheint wie eine Verirrung in der Zeit. Kein Mensch oder kaum ein Mensch lebt im Jetzt, nimmt dieses wahr in seiner Fülle und Schönheit.
Hat man in einem gewissen Alter nach einem Standardprogramm von Erlebnissen und Erfahrungen das Leben und Erleben verlernt?
Hat man nach den ach so interessanten Abenteuern der Jugend (die auch immer die gleichen sind), nachdem man seine Frau kennengelernt hat, Kinder hat, in Urlaub gefahren ist, eine Arbeit hat, ein Haus hat alles erlebt?
Hat man überhaupt etwas Wesentliches erlebt?
Muss man ständig das immer gleiche Muster wiederholen?
Wo ist das spontane Erleben und Erfahren des Augenblicks?
Wie viele suchen den vermeintlichen Halt im vergänglichen Äußeren, kurzfristiger Sinnenbefriedigung, der Flachheit des Alltags, wenn dieser bloß automatenhaft reproduziert wird ...?
Arbeiten, funktionieren, Sicherung des Bestehenden, anstatt sich der unerschöpflichen Fülle des ewig sich neu erschaffenden Lebens zu öffnen.
Ständiges Reden und Lärmen, wirres Denken, Angst vor der Leere, die all die Fülle in sich trägt und erst offenbart.
Wie viel mehr hat der kleine Vogel, den ich nur einen kurzen Sinnenblick erheischte an Lebendigkeit in sich, an Schönheit, Hoffnung, Lebenskraft als all die lebendigen Toten, die die Welt durchwandern und dies Leben nennen.
Wie viel mehr gibt mir das lebendige Bild, von Leben durchwirkte Bild der schneebedeckten Felder.
Wie hinter der Tuschezeichnung die Hand des Künstlers, geführt von der Idee in seinem Geiste steht, so steht und wirkt der Weltgeist in allem.
Nicht das laute Lärmen der Straße - es ist das leise Flüstern der Stille, das dir alle Geheimnisse ins Ohr flüstert, nur zuhören musst du!

Vom Tod und guten Taten

Der Mann war etwas in Eile. Er musste an diesem Samstag noch zu einer Beerdigung.
Vorher ging er noch zum Friseur.

Arbeitskollege. 58. Krebs.
„Es sollte schnell gehen. Einfach einschlafen.“
Dem Tod des Kollegen gingen zwei Jahre mit Schmerzen und vielerlei Operationen voraus, wie der Mann berichtete. Gerade während dieser Zeit hatte er ihn nach langer Zeit auch wiedergetroffen, da er ein Haus ganz in dessen Nähe gekauft hatte.

Gibt es ein Anrecht auf ein sorgenfreies, schmerzfreies Leben?
Kann man das Leben, wenn es einem nicht mehr passt, unangenehm wird, einfach ausknipsen wie einen Lichtschalter?
Ist nicht jedes Leben lebenswert, wenn man es mit dem richtigen Inhalt füllt?
Hat nicht alles Geschehen einen tieferen Sinn?

Das Gespräch ging weiter ...
„Gott straft uns für unsere Sünden.
Meine Oma hat immer gesagt: Tu etwas Gutes und vergiss es gleich wieder. Tu etwas Böses und du wirst ein Leben lang daran erinnert!“

Erinnert von anderen und vom eigenen Gewissen...

Der Friseur ergänzte seine Erfahrung:
„Betrügst du jemanden, gibst du ihm für eine Sache, von der du weißt sie ist 100 EURO Wert nur 60 EURO, so musst du irgendwann dafür bezahlen. Du weißt dann den Zusammenhang nicht mehr, sagst dir das ist etwas ganz anderes ... aber es passiert gewiss - irgendwann.
Deshalb sollte man ehrlich sein, niemanden betrügen.“

Es ist das Gesetz von Ursache und Wirkung (Karma), das Ausgleichsgesetz das hier wirkt. Für jede falsche Handlung, jede Lüge, jeden Betrug oder Diebstahl muss man bezahlen, bis alle Schulden abgetragen sind.
Der Ausgleich der Schuld erfolgt meist nicht unmittelbar, oft viel später, sodass man den Zusammenhang zum auslösenden Ereignis nicht mehr herstellen kann.
Aber der Ausgleich ist hergestellt. Die Schuld getilgt.
Nur darauf kommt es an.
Auch Krankheit ist Wirkung einer Ursache, die man irgendwann gelegt hat ...
Der Tod ist kein Ende, sondern lediglich ein Übergang von einer Form in eine andere, bessere, die Schulden bleiben, wachsen durch erneute Fehler, verringern sich durch gute Taten und müssen bis auf den letzten Cent zurückgezahlt werden, bis sie dereinst getilgt sind.

Raupe

Das Leben, das ständig neu in jeden Augenblick der Gegenwart einfliesst, ist schon Vergangenheit, kaum, dass man es wahrgenommen hat.
Schnell stirbt der Augenblick und reiht sich in die toten, leblosen Erinnerungen.
Das gefräßige Maul der Raupe ist jener lebendige Augenblick. Sobald sie ein Stück von diesem Augenblick abgebissen hat, wandert er durch ihren
schlauchartigen Körper und wird seiner Lebensstoffe entzogen, ausgeschieden, ist Vergangeneheit, ist tot.
So gesehen, wäre das Leben ein ständiges Aufnehmen und Ausscheiden, ohne Sinn und Ziel.
Und doch gibt es hier diesen Sinn, die Metamorphose, die Höherentwicklung der Raupe zum Schmetterling.
Doch wie geht es weiter ...?
Der Schmetterling ist kein Endziel. Er wird von einem Vogel gefressen, dieser von einem größeren Vogel. Der stirbt irgendwann, fällt zu Boden und wird
von Insekten verwertet und dem Boden als Nährstoff eingearbeitet.
Darauf wachsen Pflanzen, treiben Blätter, die wiederrum anderen Raupen zur Nahrung dienen ...
Eine Endlosschleife von Sein und Werden, Werden und Vergehen ...

Alter

Das Alter ist vergleichbar der brüchigen, rissigen Fassade eines alten Hauses: morsch das Gebälk, undicht das Dach, abgeblättert und verwittert die Farbe der Fassade …
Im Inneren des Hauses steht ein kleines Kind und blickt aus dem Fenster – die Welt ihr Wechselspiel betrachtend. Die rissige Fassade sieht es nicht – die ist außen.
Neugierig glänzend seine Augen, das Wunderbare erwartend…
Das Kind ist die alterslose, zeitlose Seele; das Haus der vergängliche Lebensleib.
Aus wie vielen Fenstern mag ich schon gesehen haben, als Kind, als Mann, als Frau, als Greis …

Lebensende

Man hört oft die Frage: „Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du nur noch ein Jahr zu leben hast?“
Ich persönlich würde so weiterleben, wie bisher.
Viele geraten dabei in eine Art Torschlusspanik, weil die ungelebten Wünsche plötzlich in aller Deutlichkeit vor ihnen stehen.
Aber – was sind das für Wünsche bzw. was würden diese Menschen tun?
In aller Regel heißt es dann „das Leben genießen“, doch sind dies dann immer nur Wünsche nach maximalem Sinnengenuss kurz vor dem Ende – Strohfeuer!
Manch einer verfällt in Konsumrausch, andere wollen Reisen machen, die sie immer schon machen wollten.
Im Grunde würde dieses Wissen „nur noch ein Jahr zu leben“ bei den meisten zu Panik und völlig ziellosem Handeln führen.

Brauche ich, um zu „leben“ eine Rechtfertigung, die darin besteht, dass mir ein Arzt sagt: „Sie sind krank und haben höchstens noch ein Jahr zu leben?“
Ist es nicht so, dass das Leben ja sowieso begrenzt ist und niemand weiß, wie lange er zu leben hat, wann und wie er sterben wird? Und das wird er ganz gewiss! Das ist die einzige Tatsache, die im Leben wirklich sicher ist!

Also, wer oder was hindert mich daran, jetzt – in diesem Augenblick – mit meinem Leben zu beginnen – wie auch immer das für den einzelnen aussehen mag?!
Dummerweise denkt niemand wirklich über den Tod nach, verdrängt ihn auf einen imaginären Zeitpunkt in der Zukunft, obwohl dieser immer gegenwärtig ist.
Mich kopflos in sinnliche Vergnügungen zu stürzen bringt mich nicht weiter, denn alle sinnlichen Erfahrungen unterliegen der Vergänglichkeit, sind Strohfeuer, die verbrannte Erde zurücklassen.
Sie sind wesenlos und bestandlos.
Ich finde darin kein Glück, sondern Leid – denn Leid ist der Preis des Vergänglichen.
So, was tun?
Sollte man diese „Restzeit“ nicht nutzen, nach Sinnfragen zu streben, sich klar zu werden, warum man lebt, was „Leben“ überhaupt bedeutet?
Führt diese ständige Jagd nach Sinneseindrücken irgendwo hin? Ist sie nicht zielloser Selbstzweck?

Wer innehält im Strom des Vergänglichen, diesen sinnhaft zu ergründen sucht und wer den „Tod“ wirklich versteht, der weiß auch zu leben und wird ruhigen Schrittes dem Tode, als völlig natürlichem Übergang, entgegenschreiten.
Genauso wenig, wie ich jemanden brauche, der mir sagt, dass ich sterben werde und wann ich sterben werde, brauche ich jemanden oder finde ich jemanden, der mir die Sinnfragen beantwortet, der mir sagt, wie ich zu leben habe!
Die Antwort auf diese Frage muss jeder selbst finden und die Suche nach dieser Antwort ist die einzige Mühe im Leben, die wirklich lohnt!



Wesensausdruck

Alle Formen sind Ausdruck eines Inhalts, eines ihnen innewohnenden Wesens und haben somit Charakter, sind unverwechselbar. Nichts existiert zweimal in der
gleichen Form.
So wie jeder Mensch seinen ihm eigenen Ausdruck, sein Wesen, seine Körperform, seine Persönlichkeit hat, so schimmert dieses innere Sein durch alles Formgewordene
hindurch.
So kann man in Häusern solche Wesensmerkmale erkennen:
Ein Haus hat z.B. durch seine offenen Fenster einen offenen Blick auf die Welt.
Ein anderes drängt spitz von der Seite einer abzweigenden Straße aus in die Hauptstraße. Wieder ein anderes hat durch sein herunter gezogenes Dach ein
eher verhaltenes Wesen.
Andere Häuser, die alleine, etwas versteckt am dunklen Waldrand stehen, bergen ein Geheimnis, etwas Unheimliches womöglich...
Da gibt es verlassene Orte, die etwas Dunkles ausstrahlen und kleine unscheinbare Nischen, in denen sich wunderbares verbirgt:
eine alte, von der Zeit gezeichnete Holztür mit Metallbeschlägen, ein Lichthof ..

Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Häusern und Orten und den Menschen, die darin leben?
Ähnlich dem Zusammenhang, dass Menschen ihren Hunden ähneln oder zu ähneln scheinen, wenn sie lange mit diesen zusammenleben - oder hat sich hier nur Zusammengehöriges gefunden, im Sinne einer Resonanz, einer Wahl- oder Wesensverwandschaft ...?

Lebensabschnittsmenschen

In einem Zeichenkurs lernte ich vor vielen Jahren einen Zeichenlehrer kennen, der ausgestattet mit der präzisen Beobachtungsgabe, die guten Zeichnern zu eigen ist,
die Menschen in zwei Kategorien einteilte (abgeleitet aus seiner Beobachtung ihm bekannter Menschen):
Er benannte zum einen die "Lebensabschnittsmenschen" - jene Menschen, die ihr Leben in Abschnitte einteilen oder in solchen leben.
Sie folgen dem immer gleichen Lebensschema: Schule, Ausbildung, Berufstätigkeit, Familie, Sparvermögen, Urlaub, Lebensversicherung, Rente.
Nach seiner Feststellung alterten diese Menschen aüßerlich schnell und waren nicht glücklich.
Es sind dies - etwas plakativer ausgedrückt - Menschen vom Schlage eines "Max Mustermann" oder "Otto Normal".

Die zweite Gruppe illustrierte er am Beispiel eines ihm bekannten Zoologie-Professors, der auch im Alter noch jung wirkte, der glücklich war.
Dieser Mensch hatte seine Lebensaufgabe gefunden, in der er aufblühte und ganz aufging.
Er lebte sich selbst und nicht eine tote Schablone - war lebendig, war "Sein" an Stelle von "Schein".

Richtungslosigkeit und Zersplitterung

Beobachtet man das stetige Wechselspiel der Gefühle und Gedanken, so erkennt man ein ständiges Auf- und Ab. Alles, was man tut und wahrnimmt, erzeugt sogleich ein Gefühl der Sympathie oder der Antipathie, Zuneigung oder Abneigung, Begierde oder Ablehnung, haftend am Eindruck oder Bild des Wahrgenommenen.
Plötzlich ein Eindruck, der ein kurzes vermeintliches Wohlergehen oder Zufriedenheitsgefühl erzeugt (das oftmals fälschlich als „Glücksgefühl“ bezeichnet wird); dann wieder ein trüber Gedanke (Wolken ziehen vor die Sonne).
Es gibt im ICH keine Kontinuität, nichts Dauerhaftes, kein Glück.
Das ICH jagt ständig, gekleidet und getrieben von seinem Sinnenapparat, sinnlich wahrgenommenen, vergänglichen Reizen hinterher, die das Ich nach allen Richtungen ziehen.
Es ist so als würden die Pferde einer Kutsche, weil der Kutscher schläft, ständig nach Belieben ihre Richtung wechseln.
Um diese Zersplitterung und Richtungslosigkeit, die sich durch das ganze Leben zieht zu bändigen, muss man alle diese Kräfte kontrollieren, bündeln, ausrichten auf ein Ziel, das Chaos zur Ordnung führen.
„Wie von unsichtbaren Geistern gepeitscht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit unsers Schicksals leichtem Wagen durch; und uns bleibt nichts als, mutig gefasst, die Zügel festzuhalten, und bald rechts, bald links, vom Steine hier, vom Sturze da, die Räder wegzulenken. Wohin es geht, wer weiß?“
(Goethe)

Ein Mensch, der nicht die Zügel in die Hand nimmt, kommt nirgendwo an, ist Spielball der Schicksalsmächte – ein Getriebener.
Ein festes Ziel muss man vor Augen haben, langfristig, nicht den galoppierenden Stimmungen des Augenblicks folgen und erliegen.

Tiere

Artensterben, Tierversuche, Massentierhaltung ...
All diese Begriffe, die ständig durch die Medien schwirren.
Viel wird geredet, wenig getan.
Es geht um das Verhältnis des Menschen zum Leben überhaupt, sei es nun die "Umwelt" oder die Tiere.
Es gibt Regeln und Gesetze - doch mangelt es offenbar an Umsetzung und Kontrolle.
Regeln sind auch denke ich immer ein Zeichen von Unreife des Einzelnen oder der Gesellschaft.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob all die Menschen, die "gegen" Tierversuche oder Umweltzerstörung sind auch tatsächlich verinnerlicht haben, was Leben eigentlich
bedeutet. Ist hier tiefes Mitgefühl die tragende Säule des Empfindens...?

Was eigentlich mangelt ist das Bewusstsein für das Leben in seinen verschiedenen Ausdrucksformen.
Dieses muss im Menschen lebendig sein.

Jedwede Lebensform, so wird man dann selbst erkennen, hat ein lebendiges Recht (nicht im juristischen Sinne) auf Leben ohne unnötiges Leid.
Es ist das Mitgefühl im Sinne eines tiefempfundenen Gefühles für alles Lebendige, seinen Sinn, seinen Wert und das Verwobensein aller Lebensformen - das ist Voraussetzung für ein Verständnis allen Lebens.
Die Entwicklung des Lebens aus "niederen" zu immer höheren Formen darf nicht zu der Ansicht verleiten, die niederen Stufen der Entwicklung seien minderwertig.
Ein Tier empfindet ebenso wie ein Mensch Angst und Schmerz.
Man sehe nur einmal einem Tier, z.B. einem Hund in die Augen ...

"Öfters scheint eine dem Auge verborgene geheime Welt aus dem Auge des Tieres hervor,
wie durch geöffnete, beide Welten verbindende Pforten, den Menschen,
wenigstens auf Augenblicke, fragend und antwortend zu betrachten.
Und es scheint öfters aus dem Auge des umsonst gemarterten oder
unter den Händen des Menschen sterbenden Tieres der Strahl eines vorübergehenden,
tiefern Selbstbewußtseins hervorzublicken,
welches dein gedenkender Zeuge sein wird, aus dem Diesseits ins Jenseits
".
( "die Seherin von Prevorst", Kap. 12)

Den eigentlich tiefsinnigen Entwicklungsgedanken zu verdeutlichen ist
Christian Morgenstern sehr gut gelungen:

"Ich danke dir, du stummer Stein,
und neige mich zu dir hernieder.
Ich schulde dir mein Pflanzensein.

Ich danke euch, ihr Grund und Flor.
und bücke mich zu euch hernieder:
Ihr halft zum Tiere mir empor.

Ich danke euch, Stein, Kraut und Tier,
und beuge mich zu euch hernieder:
Ihr halft mir alle drei zu Mir.

Wir danken dir, du Menschenkind,
und lassen fromm uns vor dir nieder:
weil dadurch, dass du bist, wir sind.

Es dankt aus aller Gottheit Ein-
und aller Gottheit Vielheit wieder.
In Dank verschlingt sich alles sein."

(Christian Morgenstern, "die Fußwaschung")

Was ich eigentlich zum Ausdruck bringen möchte, wird am deutlichsten in folgender indischen Weisheit zum Ausdruck gebracht:

"Gott schläft im Stein,
atmet in der Pflanze,
träumt im Tier
und erwacht im Menschen.
"

Tiere sind in diesem Sinne betrachtet unsere "jüngeren Brüder und Schwestern", die uns begleiten auf dem Wege der Höherentwicklung allen Lebens, oder wie Manfred Kyber es sagt:
"Tiere haben ihre Komik und Tragik wie wir. Sie sind voller Ähnlichkeit und Wechselbeziehung.
Die Menschen glauben meist, zwischen ihnen und den Tieren sei ein Abgrund.
Es ist nur eine Stufe im Rade des Lebens. Denn alle sind wir Kinder einer Einheit.
Um die Natur zu erkennen, muss man ihre Geschöpfe verstehen. Um ein Geschöpf zu verstehen, muss man in ihm den Bruder sehen.
"

Betrachtung eines Grashalmes

Ich betrachte einen Grashalm, der durch den schmalen Spalt zweier steinerner Platten nach oben drang.
In der Betrachtung ist der Grashalm weder schön, noch hässlich – er ist!
Der Alltagsmensch teilt die Welt in Nützliches und Schädliches und würde den Grashalm als störend empfinden, wenn jener oder seinesgleichen so zwischen den Fugen seines Terrassenbelages sich hervorwagt und ihn ausreißen oder ihm mit Unkrautvernichter den Garaus machen.
Das eine ist die kleine geordnete Scheinwelt des Menschen, das andere ist das Lebendige, das sich um menschliches Ordnungsdenken nicht schert und letztendlich siegen wird über das Tote.
Denn diese kleingeistig umzäunten und gepflegten menschlichen Besitztümer werden von der Zeit gerichtet und dereinst vom Gras überwuchert, vom Leben zurückerobert.
Ich versenke mich tiefer in den Grashalm. Was gab ihm die Aufgabe Grashalm zu sein? Woher weiß er darum und was gab ihm seine Wuchsform, die man als innere Bestimmung, wenn auch vielleicht eindimensional, bezeichnen kann?
Ich nehme ein Blatt Papier, zeichne Grashalme mit Feder, Pinsel. Nicht zeichne ich „diesen“ Grashalm, den ich zuvor den gesehen, sondern „den“ Grashalm.
Habe ich das wesentlich des Grashalmes, sein Urbild erfasst, kann ich beliebige Grashalme auf dem Papier entstehen lassen, schöpfen, erschaffen.
So geht es in der Kunst nicht um das Abbilden, sondern um das Erfassen des Wesentlichen eines jedweden Dinges. Habe ich die einer Sache innewohnende Idee erfasst, kann ich diese frei in ihren Variationen gestalten.
Bei einem solchen wirklichen Kunstwerk, das über das reine Abbilden hinausgeht, spürt man immer eine leichte Erhebung oder Ausdehnung in eine höhere Sphäre, die nur seelisch wahrnehmbar ist und außerhalb der sinnlich wahrnehmbaren Form und ihrer Gesetzlichkeit liegt.
Der Anblick eines konkreten Dinges, Gegenstandes, Gebäudes, einer Pflanze - ruft dieser Anblick das zugrundeliegende geistige Urbild in mir erst wach, macht es mir zum inneren Bestand?
Wie kann ich dieses geistige Urbild lebendig machen, seine Gussform mit Materie füllen?
Hat jedes Ding einen inneren Namen, den man aussprechen muss, um es in Erscheinung zu rufen, es zu erschaffen?
Wie ist der Name des Grashalmes?
Haben alle Grashalme den gleichen Namen?
Man sieht, dass die Grashalme nie wirklich alleine wachsen. Immer sind es mindestens (im Fall der Steinfuge ) zwei oder drei, meist ein Büschel der der Verband einer ganzen Wiese.
Diese Tendenz zur Gruppenbildung oder gegenseitigen Anziehung von gleichem scheint in der Natur verbreitet. Auch Bäume gesellen sich im Wald zusammen, wenngleich es auch Einzelgänger gibt, die alleine stehen auf weiter Flur und der Landschaft einen gewissen Halt geben.

Wenn es nun diese „Urworte“ oder formbildenden Worte gibt, so muss es doch auch ein zugehöriges Alphabet geben?
Wenige Grundbausteine aus denen die Mannigfaltigkeit des Seins sich zusammensetzt.
Bestimmte Pflanzen haben nachweislich Heilkräfte, entsprechen also in ihrem Wesen, ihrer Essenz einem Teilbereich im Menschen, haben Bezug zu einem Organ und seiner Befindlichkeit.
Diese Befindlichkeit schwingt zwischen den Polen „Gesundheit“ (Harmonie) und „Krankheit“ (Disharmonie).
Das „Wort“ der Pflanzenessenz, so sie Heilkräfte besitzt, muss doch dann dem Wort des Organes im gesunden Zustand zumindest ähnlich sein?
Möglicherweise derart, wie sie die Worte zweier Sprachen für ein Ding ähnlich sind, nicht in Schreibweise und Aussprache, sondern derart, dass sie die gleiche Sache beschreiben, wie etwa „Dach“ oder „Baum“.
Hat so betrachtet jede Pflanze heilende oder giftige Wirkung?
Woran erkenne ich das?
Worte im Hass oder Neid gesprochen, können wie Gift wirken; Worte erfüllt von Zuneigung und Verständnis wie Balsam.

Auch der Grashalm unterliegt dem Zyklus von Geburt-Leben-Tod.
Wird der Grashalm immer Grashalm sein?
Dann befindet er sich in einer Endlosschleife der Formwerdung, der er nicht entrinnen kann.
Doch ein Blick in die Natur zeigt: Alles entwickelt sich vom Niederen zum Höheren.
Aus dem Einzeller ist schließlich der Mensch geworden.
Der Grashalm liegt auf dem Weg zwischen Einzeller und Mensch und kann somit nur eine Zwischenstufe sein, d.h. seine Entwicklung verläuft sich nicht in einem Kreis, sondern wird durch die Kraft der Höherentwicklung zur Spirale gedehnt, die sich zu den höheren Formen hin aufschraubt.

All dies erkennt man durch die Betrachtung eines einfachen Grashalmes…

Baumgespräche

Noch jung ist der Frühling, unreif und verspielt, trägt noch die kalten Reste des Winters mit sich in der kalten Luft. Nur die Strahlen der Sonne geben Wärme.
Morgens, wenn die Sonne noch nicht zu ihrer vollen Kraft erwacht ist, scheint alles zu schlafen - müde und reglos das Gras, nur wenige Insekten scheinen gefallen zu finden an der noch nicht erwachten Wiese.
Große teilgraue Haufenwolken ziehen über den Himmel und bringen scheinbar den Wind mit sich oder haben ihn zumindest als Begleiter.
Wenn dieser Wind durch die Blätter der Bäume rauscht, so scheinen sie zu reden - jeder in einer anderen Stimme. Je nach Art seiner Blätter, Form und Elastizität seines Astwerks ergibt sich bei jedem Baum eine andere, ihm eigene Stimme.
Das mehr dumpfe Rauschen des einen Baumes wird von einem mehr hellen Gerassel eines anderen Baumes mit kleineren, spitzeren Blättern beantwortet.
Was sie sich wohl zu sagen haben an diesem Morgen?
Lange lausche ich dem Gespräch ohne eines der Worte zu verstehen.
Ist es Tagesgeschwätz oder verbreiten die Bäume die Kunde vom Frühling?
Vielleicht muss ich nur lange genug lauschen, mein Denken zum Schweigen bringen, um ihre Stimmen zu verstehen ...?

"Die Wahrnehmung von Vergänglichkeit ergibt aus der begrenzten Betrachtungsweise von Ausschnitten eines weitaus größeren Vorganges kosmischer Entwicklung."
oder
"Vergänglichkeit der Form ist ein in einem zeitlich begrenzten Intervall betrachteter Ausschnitt einer zeitlosen Höherentwicklung des allgegenwärtigen Lebens."

Wie erschließt sich der Sinn des Daseins?

Menschen gruppieren sich meist zu Interessengruppen, die bestimmte und immergleiche Gespräche führen, Informationen austauschen.
Dieser Vorgang ist vergleichbar dem Zusammenschluss chemischer Elemente aufgrund ihrer Bindungseigenschaften.
Als neutraler Beobachter hört man die im Grund immer gleichen Gesprächsflüsse, die wie abgespult wirken, eine substanzlose Aneinanderreihung von Sinneseindrücken, daran haftender Gedanken und Affekte.
Heute war ich wieder einmal Zeuge eines dieser Gespräche, die mich zu Tode langweilen, anstrengen und abstoßen zugleich.
Es ging wieder einmal um Urlaub. Es fielen die beiden Begriffe "Neuseeland" und "Fidschi-Inseln", die der Redende wohl zu besuchen beabsichtigte.
Im Grunde handelt es sich hier um Worte, Bezeichnungen für Landschaften, als solche lediglich typische, jedoch wertneutrale Charakterformen bestimmter Gebiete auf der Erde.
Daran haftend sind Sinneseindrücke, Sehnsüchte, Wünsche und das Bestreben das Gegenüber zu beeindrucken, also rein selbstsüchtige Bezüge und Motive.
All diese Eindrücke sind vergänglicher Natur, verblassend mit der Zeit, weshalb sie ständig aufgefrischt, mit neuer Energie geladen werden müssen durch noch exoterische Zielsetzungen.
Ich stelle mir in solchen Situationen vor bzw. verspüre den starken Drang folgende Fragen zu stellen:
Was bringt mir der Besuch eines solchen "exotischen" fernen Ortes?
Führt dieser "Urlaub" zu Irgendetwas, das über die rein sinnliche Wahrnehmung, die Stimulation der Sinne und die daran geknüpften "Wohlgefühle" hinausgeht?
Bringt eine solche Erfahrung tiefere Erkenntnisse über das Dasein und dessen Sinn - für mich und im Allgemeinen?
Geht es hier nicht vielmehr um Konsum, das Aufnehmen von Ereignisnahrung, die einen inneren Drang befriedigt, eine Leere füllen soll?
Ist nun die darüber hinausgehende Daseins-, Selbst- und Sinnerkenntnis nicht der eigentliche Zweck jeglicher menschlichen Erfahrung, des Daseins überhaupt?
Schweigen, langes Schweigen und Unverständnis wäre die Reaktion auf solche Fragen.

Aber eben das Fehlen dieser Erkenntnisbrücke, die Verbindung zu Wesen und Urgrund der Dinge, des Seins, ist das Fatale - denn so werden lediglich Erlebnisse und Eindrücke aneinandergereiht und gewichtet, der eigentlich verbindende Faden wird nicht wahrgenommen.
Der nach Tiefenerkenntnis Strebende verzweifelt schier an solchen Gesprächsflüssen, an dieser ihrer Substanzlosigkeit und steht allein, allein und unverstanden!
Doch wie soll man einem Blinden das Sehen beschreiben, die Farben und Formen, das Licht...?

Um was es eigentlich geht, bzw. was sich jeder nach Daseinserkenntnis Strebende sich bewusst machen sollte, hat J.F. Finck in die folgenden Worte gefasst:
"Sterben wir der äußeren Welt ab, so leben wir in der inneren Welt neu auf.
Indes unsere Beziehungen zur Scheinwelt sich mindern und zugrunde gehen, kommen wir der Wirklichkeitswelt auf den Grund.
Da, wo wir sind, ist schon alles. Wo sollen wir noch etwas suchen? Ein Blick von uns – und alles ist unser.
Viele reisen umher, um andere Länder zu sehen und zu genießen. Doch das Wunderland, mit nichts vergleichbar, liegt in uns selbst.
Wir wollen Berge sehen und besteigen; doch das erhabenste Gebirge mit den umfassendsten Aussichten und weitesten Fernsichten, mit nichts vergleichbar, liegt in uns selbst
."

Der Blick der meisten Menschen ist auf die sinnlich erfahrbare Außenwelt gerichtet und sieht die tieferen Zusammenhänge, den Sinn des Daseins, das eigentliche Sein, nicht.
Die Entwicklung der Wissenschaft und ihrer Erkenntnisse bewegt sich prinzipiell auf der gleichen Ebene.
Waren die "alten Wissenschaften", wie z.B. die Astrologie (im Sinne von Astrosophie verstanden) noch eingebettet in ein übergeordnetes Weltbild und sahen in der materiellen Erscheinungswelt nur Ausdrucksformen jener, so ging die Naturwissenschaft von den sinnlich wahrnehmbaren, messbaren und intellektuell kategorisierbaren Beobachtungen aus. Eine großartige Leistung zweifellos!
Man kann sich dies an der Beobachtung der Planeten des Sonnensystems und dem dahinter sich ins Endlose erstreckenden Sternenhimmel verdeutlichen.
Unterscheiden muss man hier zwischen der rein subjektiven Beobachtung, die davon ausgeht, dass die Erde der Mittelpunkt des Ganzen Systems ist, eben weil der Beobachter auf der Erde steht und die
Planeten um diese kreisen sieht. Man sagt ja auf diese Perspektive gestützt: "Die Sonne geht auf oder sie geht unter.“. Diese Perspektive nennt man das "geozentrische" oder "anthropozentrische" Weltbild.
Kopernikus zeigte, dass diese Wahrnehmung objektiv falsch ist. Er beschrieb kreisförmige Bewegungen der Planeten um die im Zentrum befindliche Sonne ("heliozentrisches" Weltbild).
Kepler hat diese Erkenntnis erweitert oder verfeinert dahin, dass er die Kreise, die ja Ausdruck einer Harmonie sein sollten, in Ellipsen korrigierte.
Newton fügte die Gravitation als treibende Kraft hinzu und beschrieb die Bewegungsgesetze.
Einstein erweiterte dieses Bild durch seine Erkenntnisse über das Raum-Zeit-Gefüge, die Raumzeit, das Wechselspiel zwischen Raum und Zeit und die Relativität der Zeit.
So nahm und nimmt stetig der Beschreibungsrahmen des Beobachteten zu, bettet jegliche Beobachtung ein in ein System naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeit.
Doch scheint es mir so, dass sich diese Art des Beobachtens, Messens und Interpretierens in eine Sackgasse verläuft und den Bezug zum Lebendigen aufgrund seiner Abstrahierung der Beobachtungen verliert.
Alle Wissenschaften der vergangenen vier Jahrhunderte "sind in die Sackgasse eines intellektuellen Materialismus geraten ... eines gegenständlich veräußerlichten Bewusstseins", das den Wesenskern des Seins verhüllt.
Vor allem muss man eines erkennen: All diese Erkenntnisse haben auf das alltägliche Leben des Menschen mit seinen Freuden, Sorgen und Ängsten, den Aufgaben, die das Leben an ihn stellt keinerlei Bezug.
Für mein tägliches Leben ist es belanglos, ob sich die Sonne um die Erde dreht oder umgekehrt. Es ist belanglos, dass die Gravitation Grundlage der Planetenbewegung ist usw.
Ich stehe auf der Erde, in meiner Lebenssituation mit ihren Herausforderung und verzweifle oftmals an diesen. Doch ich wachse an ihnen!

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse bieten mir keinerlei Halt und vermitteln auch keinerlei Sinn des Geschehens um mich herum und geben mir keine sinnhafte Stellung darin.
Wo kommt das Universum her, warum ist es entstanden, was ist sein Ziel? Wozu der Mensch? Diese Fragen sind nach wie vor unbeantwortet.
Alle esoterischen Lehren gehen grundsätzlich von einem höheren Sinnzusammenhang aus, erklären wo all die Welten und Wesen herkommen und wohin sie gehen und betten den Menschen sinnhaft darin ein.
Doch muss man hier einen entscheidenden Erkenntnis- und Entwicklungsschritt tun: Offenheit und Abkehr von dem sinnlich (naturwissenschaftlich) beweisbaren, das eine beschränkte Sicht darstellt.
Man muss innehalten in diesem Sinnenkarussel und die Ruhe und Stille in sich wirken lassen, das nach außen gerichtete Denken zum Schweigen bringen, nur so ist tiefere Daseinserkenntnis möglich.
Man sehe sich nicht als Ansammlung von Atomen als rein sinnengesteuerte Apparatur, die bei der Geburt eingeschaltet und beim Tode wieder ausgeschaltet wird.
Man erkenne, dass nicht die Materie, sondern etwas ihr Übergeordnetes das eigentlich Steuernde ist.
Dieses ist nicht etwas vom Beobachteten Getrenntes, sondern allem Sein innewohnend ...
Wesentlich geht es darum "den gesamten Kosmos als geistlebendigen Organismus, nicht als tote Werkwelt" zu erleben, "den Menschen als Mikrokosmos, als Spiegelbild des Makrokosmos".
Zu erkennen: "Weltall und Mensch entsprechen einander in lebendig-geistigem Zusammenhang. Weltall und Mensch sind Abbild Gottes, der alles Sein schöpferisch durchdringt, erhält und seiner Vollendung entgegenführt..."
(Arthur Schult)

Ich war Ohrenzeuge eines Gesprächs von Schülern, die sich über berufliche Perspektiven informierten.
Von ihrer Schule hatten sie eine Art Fragebogen, den sie, wie man das als Schüler tut, fragend abarbeiteten mit einem Abteilungsleiter:
„Kann man den Beruf auch mit Realschulabschluss ausüben oder braucht man Abitur?“
„Wiegt ein guter Realschulsabschluss mehr als ein mittelmäßiges Abitur?“
„Ja, ein Realschulabschluss mit Eins ist besser als ein Abitur mit Drei…“
„Ich war in der Schule nicht so gut, habe aber studiert.“
„Dieser Beruf ist zukunftssicher – Digitalisierung …“
„Heute hat man ja alle Möglichkeiten …“.
„Meine Kinder sind auf dem Gymnasium, damit sie später die Möglichkeit haben Jura oder Medizin zu studieren …“

Was zeigen diese Gesprächsfragmente?
Nun, ich denke, sie zeigen die Schematisierung des Lebens, seine Reduktion auf schulische oder berufliche „Erfolge“ oder scheinbare Wege zum Erfolg.
Diese Sicht auf den Erfolg zielt auf finanzielle Sicherheit, auf jenen Lebensentwurf, der darauf abzielt sich ein Auto zu kaufen, ein Haus zu bauen, Karriere zu machen, Kinder zu zeugen und diese in eben jenem Geiste aufzuziehen …
Das immer gleiche Muster!
Doch wo sind hier die Grenzwertbetrachtungen, die Einbeziehung des Lebens in seiner Unberechenbarkeit, des Lebendigen, das schöpferisch und immer neu ist, in jedem Augenblick?
Wo ist der Tod, der alles in Frage stellt, alles nimmt?
Wo sind die Lebenskrisen und Herausforderungen des Lebens durch Extremsituationen?
Wo das Lernen am oder durch das Leben?

Wer nun einen weiten, sehr weiten Blick auf das Leben wirft, erkennt doch Folgendes:
Das „Leben“ ist nicht gefangen in dem Intervall zwischen Geburt und Tod, es ist allgegenwärtig und ewig, grenzenlos, in allem und durch alles wirkend.
Es gibt ein „Davor“ und ein „Danach“ und vor allem einen Sinn, der alles durchzieht – eine unsichtbare Schnur, an der sich all die Ereignisperlen aufreihen von Ewigkeit zu Ewigkeit, im Ewigen.
Wieso bin ich das was ich bin, wieso bin ich in dieser spezifischen Lebenssituation, wieso habe ich diese Eltern, diesen Körper, diese Fähigkeiten?
Welchen Sinn haben Geburt und Tod?
Wo komme ich her, wo gehe ich hin?
Bin ich geboren, um beruflich erfolgreich zu sein, satt und zufrieden?
Warum ist dies bei vielen anderen nicht so? Sind sie Versager, haben sie die falsche Schule besucht und sind deshalb zum Scheitern verurteilt?
Ich sah heute einen jungen Mann mit schwerer körperlicher Behinderung, die sich derart äußert, dass er keine rechte Kontrolle über seinen Körper hat, sein Gehen wirkt unkonditioniert, verzerrt, mühsam, seine Gliedmaßen gehorchen ihm nicht … Und doch ging er einen sehr steilen Weg hinauf und erreichte sein Ziel, wohl mit äußerster Mühe und äußertem Willen! Und er hat es geschafft!
Was ist dagegen ein Schulabschluss, der doch nicht mehr ist als ein Stück Papier, auf das man sich wer weiß was einbildet?
Was ist beruflicher Erfolg, Geld, ein Auto, ein Haus – nimmt der Tod dies nicht alles?
Wieviel mehr wiegt da ein Wille, der Widrigkeiten überwindet, Ziele ansteuert, trotz immenser Hindernisse!
Kein Schulabschluss macht aus mir einen besseren, moralischen Menschen, wenn ich nicht moralisch bin.
Warum lässt man sich von selbstsüchtigen Motiven leiten, zielt nur auf Sinnenbelustigung und Bequemlichkeit?
Wo ist die Selbstlosigkeit im Sinne von Ichlosigkeit – sie ist verkommen zu einer Aufgabe, die man abhakt, die man nicht innerlich erlebt und ist!
Man spendet, um sein Gewissen zu beruhigen und meint etwas Gutes getan zu haben – für wen jedoch … letztlich doch immer für sich selbst!

Welchen Platz, welchen Stellenwert hat die Mystik in dieser Welt?
Warum ist niemand zu tiefen, wesenhaften Fragen fähig?
Sinnfindung ist zum Konsumgut verkommen – keiner sucht ihn in sich selbst, ausgehend von seinem Leben, das Leben und seinen Sinnzusammenhang zu erforschen, tut niemand.
Wer wahrhaft weiter zu blicken vermag ist zwar in dieser Welt, fühlt sich jedoch völlig fremd, als sei er nicht von dieser Welt des Vergänglichen …
Geistige Blindheit und Dunkelheit sind die gegenwärtig vorherrschenden Kräfte.
Anstatt das Wesen, den Sinn zu erkennen, betrachtet man die Äußerlichen Formen. Man ist wie der Schauspieler, der seine Rolle für real hält und nicht erkennt, dass sie ihm lediglich „zugeschrieben“ wurde, von dem der das Stück verfasst hat …
Die dem Lebensdrama zugrundeliegende Tragik hat einen äußerlichen, sowie einen innerlichen Aspekt.
Sie kann einmal sein von außen an den Menschen herantretendes Schicksal, das ihn formen und fordern will und ihn oft in tiefste Verzweiflung führt.
Diese Verzweiflung ist jedoch lediglich als äußere Herausforderung zu verstehen, die es zu meistern gilt. Es ist eine Frage, auf die man antworten muss.
Innere Tragik bezieht sich auf das Seelenleben des Menschen, der dadurch bildend auf seine Umwelt einwirkt, diese formt und in dieser Form steht sie vor
ihm, tritt ihm entgegen als Frage, die es zu beantworten gilt.
Alle Äußerlichkeiten der Rolle, Kleidung, Umgebung, soziale Stellung sind nur Beiwerk und Ausdrucksträger, jedoch nicht das Wesentliche – das ist immer der Mensch!
So kann man beide Aspekte der Tragik nicht trennen.
Ziel tragischen Geschehens ist jedoch nicht der Untergang. Es ist die tiefste Verzweiflung, der neuer Mut entwächst, der das Schicksal formend umgestaltet,
Seele und Außenwelt wieder harmonisiert, den Menschen höher führt und veredelt, Blei zu Gold macht!
Unter diesem Aspekt muss man das Leben eines jeden Menschen betrachten!

Das Wesen ist das Eine,
Das alles birgt, gebiert und ist.
Die Formen all sind bildhaft in ihm angelegt,
Und aus ihm willentlich in ihre Offenbarung streben,
Erfüllt vom immerwähr´nden Leben.
Es ist die Liebe, die Substanz,
Die alles trägt, durchwirkt, erhält,
Das eine zu dem anderen zieht und alles bindet.
Dem Geist entspringt die Kraft,
Der Wille, der die Formen schafft.
Geistig ist auch die Lebenskraft,
Die durch ein jedes Wesen strömt.
So ist nichts ohne Leben,
Nichts ohne stet´ges Höherstreben.

Die Dunkelheit, der dichte Stoff
Ist Ausdruck nur des Sinnentrugs.
Denn die begrenzte Sinnensicht,
Verleiht den Dingen Dichte und Gewicht.
Und es legt sich der Formen Schwere
Über das Formenlos der Leere.

Dort, in ihr, schweigen alle Körpersinne;
Nicht lärmende Gedankenhorden,
Die jede innere, wesenhafte Empfindung morden.

Nein! Klare Sicht.
Das Sein hat kein Gewicht,
Denn es besteht aus Licht.